Wahlausschluss von psychisch erkrankten und behinderten Menschen

Nach der bestehenden Rechtslage sind nach § 13 des Bundeswahlgesetzes und § 12 des Sächs Wahlgesetzes vom Wahlrecht ausgeschlossen:

  1. wer infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besitzt,
  2. derjenige, für den zur Besorgung aller seiner Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist; dies gilt auch, wenn der Aufgabenkreis des Betreuers die in § 1896 Abs. 4 und § 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Angelegenheiten nicht erfasst,
  3. wer sich auf Grund einer Anordnung nach § 63 in Verbindung mit § 20 des Strafgesetzbuches in einem psychiatrischen Krankenhaus befindet.

In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Initiativen, diesen Rechtsstatus zu ändern. Im Vorfeld der Bundestagswahl forderten die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen Verena Bentele und die Behindertenbeauftragten der Länder, darunter Stephan Pöhler (Sachsen), die Schaffung eines inklusiven Wahlrechts durch die umgehende Abschaffung der Ausschlüsse – bisher ohne Erfolg.

Die Abschaffung des Wahlausschlusses der betroffenen Bürger wird auch durch das Art. 38 Grundgesetz und Art. 29 UN-Behindertenrechtkonvention gestützt. Im Staatenbericht Deutschland 2015 werden die Wahlausschlüsse als mit den Menschenrechten nicht vereinbar eingestuft. In vielen anderen europäischen Ländern (Italien, Niederlande, Österreich, Irland) ist ein inklusives Wahlrecht bereits Praxis.

Im Hinblick auf die Landtagswahl im Sommer 2019 möchten wir die Öffentlichkeit für dieses Thema sensibilisieren. Aus unserer Sicht besteht ein dringender Diskussions- und Handlungsbedarf, denn im Gegensatz zu den Bundesländern Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, in denen die pauschalen Wahlrechtsausschlüsse in den Landeswahlgesetzen gestrichen wurden, bestehen die Ausschlussgründe im Sächsischen Wahlgesetz § 12 fort.

Auch bei den Kommunalwahlen (Frühjahr 2019) sind lt. § 16 Sächs. Gemeindeordnung Bürger, für die zur Besorgung aller Angelegenheiten ein Betreuer bestellt ist, vom Wahl- und Stimmrecht ausgeschlossen.

Der Durchblick e.V. plant im Herbst 2018 zu diesem Thema eine öffentliche Veranstaltung im Rahmen des „Jahres der Demokratie“.
Thomas R. Müller

Literatur und Informationen zum Thema

Behinderten­beauftragte kritisiert Wahlausschluss Behinderter (Ärzteblatt, August 2017)

www.aerzteblatt.de/nachrichten/77733/Behindertenbeauftragte-kritisiert-Wahlausschluss-Behinderter

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Wahlrecht (Januar 2013 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/120/1712068.pdf

Die Abschaffung des Wahlausschlusses der betroffenen Bürger wird auch durch das Art. 38 Grundgesetz und Art. 29 UN-Behindertenrechtkonvention gestützt. Im Staatenbericht Deutschland 2015 werden die Wahlausschlüsse als mit den Menschenrechten nicht vereinbar eingestuft.

 


27.09.2016